Überraschungsangriff auf den Artenschutz

In Vorbereitung der Abstimmung im Bundestag zum Tötungsverbot hatten wir Herrn Patzelt, Mitglied des Bundestages für die CDU angeschrieben und haben ihn gebeten, seine Stimme nicht gegen das Tötungsverbot abzugeben, sondern am Artenschutz festzuhalten. Er hat uns sogar geantwortet, hier seine zum Reaktion. Es ist alles nicht so leicht zu durchschauen. Jedenfalls hat dem Regierungsentwurf seine Zustimmung gegeben, obwohl erst durch unsere Mail das Thema überhaupt bemerkt hat.

Dankeschön für Ihre Email. Hatten wir uns auf Veranstaltungen, bei dem es auch um das Windeignungsgebiet Mixdorf ging (1. Mai in Beeskow, 31. Mai in Mixdorf) gesprochen? Vermutlich nicht, da Sie nicht direkt anknüpfen. Deshalb führe ich etwas weiter aus. Wir hatten uns gegen die Windplanung bei Mixdorf positioniert und unterstützen Ihre Bürgerinitiative (siehe bspw. meinen Leserbrief „Das Schlaubetal wäre entzaubert“ im MOZ Oder-Spree Journal vom 24./25. Juni 2017 auf Seite 15).

Zu Ihrem konkreten Anliegen. Auf das Novellenvorhaben zum Bundesnaturschutzgesetz wurde ich erst durch Ihre Email aufmerksam. Die 2./3. Lesung war am Donnerstag abgesetzt. Ich beziehe mich auf eine Stellungnahme der AG Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit der CDU-Fraktion. Diese spricht von vermeintlicher Aufweichung des Tötungsverbots und führt es wie folgt aus:

Die angesprochene Vorschrift schränkt den Tatbestand des § 44 Absatz 1 Nummer 1 in Übereinstimmung mit der sich auf betriebs-, aber auch bau- und anlagenbezogene Risiken (z. B. bei Tierkollisionen im Straßenverkehr oder mit Windkraftanlagen, Baufeldfreimachung) beziehenden Rechtsprechung (BVerwGE 134, 166, Rn. 42; BVerwG, Urt. v. 13.05.2009, 9 A 73/07, Rn. 86; BVerwG, Urt. v. 08.01.2014, 9 A 4/13, Rn. 99) dahingehend ein, dass der unvermeidbare Verlust einzelner Exemplare durch ein Vorhaben nicht automatisch und immer einen Verstoß gegen das Tötungsverbot darstellt.

Vielmehr setzt ein Verstoß voraus, dass durch das Vorhaben das Tötungsrisiko für Individuen der betroffenen Art signifikant erhöht wird. Diese Einschränkung trägt dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Zusätzlich muss der Verlust unvermeidbar sein. Von Unvermeidbarkeit kann ausgegangen werden, wenn die gebotenen, fachlich anerkannten Schutzmaßnahmen sachgerecht angewandt werden.

Genau diese Vorgabe, die im Regierungsentwurf lediglich in der Gesetzesbegründung enthalten war, haben wir, wegen der artenschutzrechtlichen Bedeutung, im parlamentarischen Verfahren in den Gesetzestext integriert. Das war übrigens auch eines der Ergebnisse der Sachverständigenanhörung zum Gesetz.

Richtig ist, dass auch für Vorhaben privater Träger die Ausnahmevorschrift des § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 5 auch in Anspruch genommen werden können, wenn zugleich hinreichend gewichtige öffentliche Belange ihre Realisierung erfordern. Zu diesen Belangen gehört der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dies muss nach geltendem Recht allerdings im Einzelfall bewertet werden.

Der in der Praxis bewährte Signifikanzansatz nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 44 Absatz 1 Nummer 1 wird also mit der Regelung in der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes bestätigt. In der Praxis der Planung und Zulassung von Projekten und Eingriffen ist eine Konkretisierung des Signifikanzansatzes erforderlich. Die Bewertung, ob die Individuen der betroffenen Arten durch das Vorhaben einem signifikant erhöhten Tötungs- und Verletzungsrisiko ausgesetzt sind, erfordert eine Berücksichtigung verschiedener projekt- und artbezogener 17 Kriterien sowie weiterer naturschutzfachlicher Parameter. Die erarbeiteten Konzepte zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere sowie für die Vermeidbarkeit von Beeinträchtigungen sollten praxisbezogen weiterentwickelt werden.

Das scheint mir gerechtfertigt. Natürlich gilt es nicht nachzulassen und auch in Zukunft unbedingt Experten mit fundierten Kenntnissen der Wildtierbiologie heranzuziehen. Und sich für das gute Artinventar unserer naturnahen Landschaften zu engagieren, sowie es bekannt zu machen, so dass vielleicht anderswo bezüglich des Erholungswerts ihrer Region Verprellte unsere schöne Region aufsuchen.

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